Redewendungen machen unsere Sprache bildhafter, bunter und lebendiger und häufig zeichnen sie Bilder, die, wenn man sie wortwörtlich nehmen würde, doch etwas schräg daherkommen. Fast täglich nutzen wir Formulierungen, wie „Tomaten auf den Augen haben“, „jemandem auf der Nase herumtanzen“ oder „auf der Leitung stehen“. Woher kommen denn diese Phrasen? Was wollen sie uns sagen? Gibt es einen Unterschied zu Sprichwörtern und gibt es ein und dieselben Redewendungen auch in anderen Sprachen? Das alles wollen wir in unserer neuen Blog-Reihe mal genauer unter die Lupe nehmen.
Zunächst
einmal ein Blick auf die Wissenschaft:
Der
wissenschaftliche Begriff für Redewendungen ist Phraseologismus oder
Idiom. Redewendungen stehen aufgrund ihrer Gesamtbedeutung in einer
festen
Wortverbindung zueinander, sind aber dennoch nicht an eine feste
Satzform gebunden. Diese Wortverbindung ist ein besonderer Fall der
Kollokation. Kollokation ist ein linguistisches Phänomen und ein
Überbegriff dafür, wenn Worte häufig zusammen mit bestimmten
anderen Worten auftreten (z.B. ein Ziel erreichen/setzen/verfolgen).
Im Fall von
Redewendungen
sind diese Worte festgelegt (z.B. den
Gürtel enger schnallen).
Der
Unterschied zwischen Redewendung und Sprichwort
Die
Begriffe „Sprichwort“ und „Redewendung“ werden oft
gleichbedeutend verwendet. Dabei unterscheiden sie sich maßgeblich
im Sprachgebrauch.
Sprichwörter enthalten meist Weisheiten,
sei es in Form von Lebensregeln, Erfahrungen oder Warnungen. Im
täglichen Sprachgebrauch passen sie oft nur in einen ganz bestimmten
Zusammenhang, manchmal reimen sie sich auch.
Bei Sprichwörtern handelt es sich immer um feste Satzgefüge, die
nicht in Teilen oder in einer anderen Wortreihenfolge funktionieren.
Redewendungen
hingegen sind Sinnbilder,
bildhafte Wendungen, die man noch heute benutzt, manchmal ohne den
tieferen Sinn dahinter zu kennen oder zu hinterfragen. Die
Bestandteile von Redensarten sind im Gegensatz zu Sprichwörtern viel
flexibler,
sie ergeben keinen vollständigen Satz und können (und müssen) dem
entsprechenden Satzzusammenhang angepasst werden. Der Sinn einer
Redensart ist bildhaft, daher nicht immer eindeutig, besonders
Nicht-Muttersprachler haben häufig
Schwierigkeiten,
die Bedeutung eines solchen Sprachbildes zu verstehen.
Dass die beiden Begriffe oft synonym verwendet werden, liegt daran, dass die Grenzen manchmal verschwimmen und sich einige Redewendungen im Laufe der Zeit durch den Gebrauch in einer bestimmten Satzform zu Sprichwörtern entwickelt haben (z.B. „Das ist so sicher, wie das Amen in der Kirche.“)
Und
woher kommen sie nun diese Redewendungen?
Heute
möchten wir mal 5 deutsche Redewendungen genauer betrachten.
1. „ein Brett vor dem Kopf haben“ – alle deutschsprachigen Leser wissen, das heißt soviel wie nichts verstehen, begriffsstutzig sein oder auch etwas eigentlich Offensichtliches nicht erkennen/sehen. Die Herkunft dieser Redensart ist auf die Landwirtschaft zurück zu führen. Denn im Mittelalter wurden den Ochsen ein Brett oder ein Stück Holz vor die Augen gebunden, dass sie weniger scheuten, weniger störrisch waren und man sie leichter führen konnte. So haben sie buchstäblich nichts gesehen. Weil der Ochse ohnehin das Sinnbild des Dummen ist, könnte sich die Vorstellung entwickelt haben das Brett behindert das Denken.
2. „das kommt mir spanisch vor“ – auch hier wissen Muttersprachler sofort, dass es nichts mit Paella, Flamenco oder Tapas zu tun hat, sondern etwas merkwürdig, fremd und nicht stimmig ist. Diese Redensart kommt wohl aus dem 16. Jahrhundert. Als im Jahr 1519 der spanische Kaiser Karl V. gekrönt wurde, führte dieser zu Hofe spanische Sitten ein. Ganz nach dem Motto „was der Bauer nicht kennt….“, war alles neu und fremd und kam den Deutschen spanisch vor. Den Spaniern kommt so etwas übrigens chinesisch vor: „Esto me suena a chino“.
3. „mit jemandem Pferde stehlen können“ – wenn nun der ein oder andere Deutschlerner denkt oh, oh, hier geht‘s aber kriminell zu, weit gefehlt! Diese Phrase steht für gute Freunde, auf die man sich 100% verlassen kann und mit denen man vielleicht auch mal etwas Verrücktes machen kann. Der Ausdrück rührt aus dem 17 Jahrhundert, damals wurden Pferde als kostbarer Besitz und wertvolle (Arbeits-)Tiere streng bewacht und Pferdediebe sehr hart bestraft. Wollte man also damals Pferde stehlen, brauchte man eine treuen und mutigen Freund, auf den man sich absolut verlassen konnte.
4.
„kein Blatt vor den Mund nehmen“ – heißt soviel wie, man
spricht
unbeschönigt aus, was man
denkt,
ist offen und direkt. Dieser
Ausdruck geht auf eine frühere Theatersitte zurück, bei der sich
die Schauspieler ein Blatt wie eine Maske vor die untere
Gesichtshälfte hielten und
konnten somit Dinge sagen ohne dafür zur
Verantwortung gezogen zu
werden.
5. „Daumen drücken“ – wir Deutschen wissen, das heißt viel Glück. In England allerdings drückt man nicht die Daumen für‘s Glück sondern kreuzt die Finger, also schon wieder eine Fehlerquelle für Nicht-Muttersprachler. Aber warum drücken wir denn nun die Daumen? Ein alter germanischer Volksglaube besagt, dass der Daumen der Glücksfinger ist. Er soll eine übernatürliche Kraft haben und damit auch vor bösen Träumen schützen können. Der Daumen ist in diesem Fall auch ein Symbol für einen Kobold: Wird er von den übrigen Fingern fest gehalten, kann er demjenigen, dem die Daumen gedrückt werden, nichts mehr anhaben.
Auch
mit dem Blogartikel der nächste Woche folgen wird bleiben wir am
Ball und werden dann mal genauer betrachten, ob und wie man
Redewendungen in Fremdsprachen anwendet.
Ihre
arCanum
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Weiterführende
Links:
https://de.wikipedia.org/wiki/Redewendung
https://www.redensarten-index.de/suche.php
https://de.wikipedia.org/wiki/Kollokation